Rasseportrait: Labrador Retriever

Rasseportrait: Labrador Retriever

17.2.22

Es gibt sie doch, die eierlegende Wollmilchsau! Dies sollte man zumindest glauben, wenn man sich die Meinungen der Leute über die Labrador Retriever anhört. Denn Labradore sind immer gut gelaunt, mögen alles und jeden, kuscheln gerne auf dem Sofa, sind aber auch gerne aktiv und erziehen sich von alleine. Obwohl man nicht bestreiten kann, dass der Labrador Retriever eine ganz tolle Rasse ist, sieht die Realität dann doch etwas nüchterner aus. Schliesslich handelt es sich immer noch um einen Hund, und nicht um eine Maschine. 

Den wenigsten Leuten ist wohl bewusst, dass Labradore in zwei Richtungen gezüchtet werden. Deswegen unterscheidet man zwischen der Showlinie (Standardlinie) und der sogenannten Arbeitslinie (Field Trial-Linie). Beide bringen sehr unterschiedliche Individuen heraus, welche sich nicht nur im Aussehen, sondern auch im Temperament und somit in ihren Bedürfnissen unterscheiden. Immer mehr wird eine Mischung beider Linien gezüchtet. Hier spricht man vom Dual-Purpose-Type. Ich habe mit einer begeisterten Labrador-Kennerin gesprochen, welche meine Fragen zur Arbeitslinie beantwortet hat. 

Showlinie
Arbeitslinie (Field Trial)

Warum hast du dich in diese Rasse verliebt?
Gabi: Nach meinem ersten Hund (einem Golden Retriever), suchte ich einen lebhafteren Hundepartner, welcher so richtig aktiv mit mir unterwegs sein wollte. Durch Kollegen bin ich dann auf eine Züchterin aufmerksam geworden, welche Field Trial Labradore (Arbeitslinie) züchtet. Es war Liebe auf den ersten Blick. Genauso eine Verbundenheit habe ich mir gewünscht, einen Kollegen für dick und dünn, mit dem ich mich mit Blicken oder kleinsten Gesten verständigen kann. Wir sind gerne sportlich unterwegs (Hundesport, Wandern, Reisen), daheim aber ist Ruhe und kuscheln angesagt.

Gabi mit ihrem Field Trial Labrador Evan

Herkunft

Die Vorfahren der heutigen Labradore stammen von der kanadischen Ostküste (Halbinsel Labrador), wo sie für die jagdliche Wasserarbeit eingesetzt wurden. Seefahrer brachten diese Hunde dann nach Grossbritannien, wo man in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der gezielten Züchtung begann. Anerkannt wurde die Rasse des Labrador Retrievers 1903 und gilt seither als britische Hunderasse. 

Der Name setzt sich aus der ursprünglichen Herkunft (Labrador) und dem englischen Begriff «to retrieve», was so viel heisst wie «etwas zurückholen», zusammen. Denn darin bestand die ursprüngliche Arbeit, für welche Labradore gezüchtet wurden. Sie sollten das geschossene Wild (meistens Wasservögel) zurückholen. 

Aussehen

Das Labrador Retriever ist allgemein ein mittelgrosser, muskulöser Hund. Er hat einen breiten Schädel und die typische «Otterrute», welche einen dicken Ansatz und eine rundliche Form hat. Sie dient als Steuerhilfe beim Schwimmen. Der Labrador hat kurzes, wasserabweisendes Stockhaar. Durch die dichte Unterwolle ist er zusätzlich vor Umwelteinflüssen geschützt. 
Labradore aus der Showlinie sind massiger und schwerer gebaut. Arbeislinienen-Labis sind schlanker, wendiger und agiler. 

Schwarz ist die ursprüngliche Farbe des Labradors. Mit den Jahren wurden auch Gelb (hellcreme bis fuchsrot) und Braun zugelassen und gelten heute ebenfalls als offizielle Zuchtfarben. Die Aufhellung dieser drei Basisfarben zu Charcoal, Champagner und Silver entsteht durch das umstrittene Dilute-Gen.

Schwarz
Blond
Braun
Silver-Färbung (Dilute-Gen)

Charakter

Generell sind die Labrador Retriever freundliche, aufgeweckte Hunde. Sie bringen ein ausgeglichenes, freudiges Naturell mit. Die Showlinie gilt generell als gelassener und ruhiger. Die Arbeitslinie hingegen ist eifriger, sportliche und hat einen noch stärkeren «Will to please». Labrador Retriever sind äusserst lernfähig, arbeitsfreudig und wollen gefallen. Sie verfügen über eine sehr gute Spürnase und ein weiches Maul, was bedeutet, dass sie etwas sanft im Maul tragen. Dies war immer besonders wichtig beim Apportieren von Wild, damit dieses nicht beschädigt wurde. 

Was macht für dich der Labrador Retriever aus?
Gabi: Der Labrador aus der Arbeitslinie ist ein temperamentvoller Hund, lern- und arbeitsfreudig ohne nervös zu sein. Er reagiert sehr aufmerksam auf den kleinsten Fingerzeig aber auch auf die kleinste emotionale Veränderung. Im Allgemeinen hat er ein freundliches Wesen und bringt viele Menschen zum Lächeln.

Was ist der grösste Irrtum, wenn es um Labrador Retriever geht?
Gabi: Nicht jeder Labrador ist verfressen, nicht jeder Labrador apportiert gerne, nicht jeder Labrador geht gerne ins Wasser und nicht jeder Labrador mag alle Menschen! Aber das liegt manchmal nicht am Hund, sondern am Menschen.

Haltung

Obwohl Labradore aus einer guten Zucht die besten Voraussetzungen mitbringen, um ein toller Familienhund und Begleiter zu werden, muss man dennoch einiges dafür tun, dass er sich wunschgemäss entwickelt. Er braucht genügend Auslauf und Kopfarbeit, damit er ausgeglichen sein kann. Sie eignen sich besonders für jegliche Art von Nasenarbeit (z.B. Dummy, Mantrailing…). Auch in Such- und Rettungshundestaffeln (TrümmersuchhundeLawinenhunde, etc.) werden die anpassungsfähigen Tiere gerne eingesetzt. Der Labrador Retriever zählt auch bei den Assistenz- und Blindenhunden als die bekannteste Rasse. Sie sind also vielfältig einsetzt bar. Der Labrador arbeitet stets fokussiert und ist sehr ausdauernd, was das Verlangen nach einer artgerechten Beschäftigung noch unterstreicht. 

Für vieles zu begeistern.

Ist der Labrador gut sozialisiert worden, ist er ein hervorragender Begleiter. Er schätz seinen Menschen sehr und möchte überall dabei sein. Gerne ist er aktiv in der Natur unterwegs.Das dichte Fell des Labradors sollte regelmässig gebürstet werden. Besonders auch die Unterwolle muss ausgebürstet werden, damit gesunde, neue Unterwolle nachwachsen kann. Ansonsten ist das kurze Fell ist recht pflegeleicht. Man sollte sich bewusst sein, dass der Labrador das ganze Jahr über haart. Da sein Fell eine wasserabweisende Funktion hat, soll es nur im Notfall schamponiert werden, meist reicht eine Dusche zur Reinigung aus. Wird er anschliessend trocken gerubbelt, entwickelt sich nur wenig «Hundegeruch». 

Für welche Leute ist der Labrador Retriever geeignet?
Gabi: Der Field Trial ist sicher für aktive Personen geeignet, welche ihrem Hundefreund mentale und körperliche Herausforderungen bieten können und sich bewusst sind, dass herumliegende Hundehaare einfach dazugehören. Der Labrador braucht engen Kontakt zum Menschen, mag Such- und Bringspiele und genügend Auslauf. Kadavergehorsam liegt ihm nicht, da blockiert er. Er ist sehr sensibel und schätzt einen Führer mit viel Feingefühl und Motivation. Für Lob tut er fast alles!

Der Labrador in seinem Element.

Gesundheit

Der Labrador gilt als robuster Hund. Dennoch können Erbkrankheiten wie Gelenkprobleme (HD, ED, OCD), Allergien oder Augenkrankheiten (PRA, HC) auftreten. Hier sind seriöse Züchter gefragt. 

Da viele Labradore das Wasser lieben, sind sie auch im Winter bei eisigen Temperaturen oft nicht von einem Bad abzuhalten. So kann eine sogenannte Wasserrute entstehen. 

Aufgehellte Fellfarbe durch das Dielte-Gen

Wie bereits erwähnt gibt es auch Farbzüchtungen (Charcoal, Champagner, Silver), welche durch das Dilute-Gen entstehen. Diese Gen-Mutation sorgt dafür, dass die Farbpigmente verklumpen und sich nicht normal verteilen können. Dadurch stiegt die Wahrscheinlichkeit von Fell- und Hautproblemen enorm. Kommt es zu einer zu starken Verklumpung, spricht man von der Krankheit CDA (Color dilution alepecia). Dabei brechen die Haare durch die übermässige Verklumpung ab. Folgen können sein:

  • stumpfes Fell 
  • trockene Haut
  • Schuppen
  • Hautentzündungen/Ekzeme
  • Alopezie (Haarausfall)
  • schwerer Juckreiz
  • Allergien
  • beeinträchtigtes Immunsystem durch die Zerstörung des natürlichen Schutzes der Hautbarriere (anfälliger für Infektionen und andere Krankheiten)

Die Krankheit ist nicht von Anfang an erkennbar. Sie prägt sich in der Regel zwischen dem 1. und 3. Lebensjahr aus. Die Symptome sind zunehmend. Da es sich um eine genetische Ursache handelt, ist die Krankheit nicht heilbar. Man kann lediglich versuchen, die Symptome für den Hund zu linden. Die Lebensqualität wird aber beeinträchtigt. 

Übergewicht ist bei vielen Labradoren ein Dauerthema. Es wird oft auf ihre Verfressenheit abgeschoben. Aber sind wir ehrlich, kein Labrador füttert sich selbst. Also ist vielmehr das falsche oder zu viel Futter in Kombination mit zu wenig Bewegung der Grund für die unzähligen übergewichtigen Labradore. Wie bei jedem Hund können die zu vielen Kilos zu einer Vielzahl von Folgeerkrankungen führen. 

Wer einen vielseitigen, treuen Begleiter sucht, ist beim Labrador Retriever genau richtig. Man darf aber nicht vergessen, dass auch dieser Hund Bedürfnisse hat und sein charmantes, freundliches Wesen nur zeigen kann, wenn diese erfüllt werden. Die Rasse braucht eine sanfte Führung mit Herz und Verstand.